In dieser Beitragsreihe stellen wir dir die geläufigsten Rechtsgebiete vor und geben dir einen Überblick darüber, welche Karrieremöglichkeiten die einzelnen Felder bieten und welche Kenntnisse und Fähigkeiten benötigt werden. In diesem Beitrag geht es um Medizinrecht.

Allgemeines zum Medizinrecht

Das Medizinrecht umfasst sämtliche rechtliche Regelungen, die sich unmittelbar oder mittelbar auf die Ausübung der Heilkunde beziehen. Erfasst sind damit zunächst nicht nur die medizinischen Dienstleistungen von Ärzt:innen (Arztrecht), Krankenhäusern (Krankenhausrecht), Apotheken (Arzneimittelrecht) sowie Pfleger:innen (das Recht der Pflegeberufe), sondern etwa auch die Forschung in diesem Bereich sowie die Entwicklung, Herstellung und Anwendung medizinischer Güter (Biomedizinrecht). Darüber hinaus fallen auch solche öffentlich-rechtlichen Regelungen unter das Medizinrecht, die die Ausübung des (zahn-)ärztlichen Berufes und das Meldewesen meldepflichtiger Krankheiten betrifft. Das Medizinrecht ist damit eine Schnittstelle zwischen Medizin, Gesundheitssystem und dem dazugehörigen rechtlichen Rahmen. Dies macht es erforderlich, dass im Medizinrecht tätige Jurist:innen auf jeden Fall in der Lage sind, interdisziplinär zu arbeiten, und zwar nicht nur innerhalb des Rechts, sondern gerade interdisziplinär im Bereich der Medizin. Dazu bedarf es stets eines medizinischen Grundverständnisses sowie ein Verständnis für den Beruf der Ärztin bzw. des Arztes und ihres bzw. seines Arbeitsumfelds. Aufgrund dieser Interdisziplinarität gibt es an vielen (Zivil-)Gerichten entsprechende Fachkammern beziehungsweise Fachsenate.

Mediziner:innen unterliegen – wie Rechtsanwält:innen auch – verschiedenen besonderen berufsständischen Pflichten, etwa einer ärztlichen Aufklärungs- und Dokumentationspflicht sowie einer ärztlichen Schweigepflicht. Verstöße hiergegen können nicht nur zu einem Entzug der Approbation führen, sondern auch zu einer strafrechtlichen Verfolgung. Es ist Aufgabe einer Juristin bzw. eines Juristen im Medizinrecht, bei entsprechenden Verstößen, vor allem die Rechtsfolge des Approbationsentzugs zu verhindern.

Die gesetzlichen Grundlagen des Medizinrechts finden sich in verschiedenen Gesetzen, insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch [BGB], im Patientenrechtegesetz, im Medizinproduktegesetz, im Arzneimittelgesetz, im Heilmittelwerbegesetz, im Transplantationsgesetz, in der Röntgenverordnung und in der Approbationsordnung.

Medial bekannt werden in aller Regel Fälle der Arzthaftung, wenn einer (in einem Krankenhaus tätigen) Ärztin bzw. einem Arzt ein sogenannter Ärztepfusch vorgeworfen wird und die bzw. der Patient:in deshalb entweder verletzt wurde oder sogar daran verstarb.

Welche Karrieremöglichkeiten im Medizin habe ich?

Die Einsatzgebiete für Jurist:innen mit guten Kenntnissen im Medizinrecht sind zwar vergleichsweise begrenzt, solche Jurist:innen sind jedoch sehr begehrt.

Ein:e medizinrechtlich versierte:r Volljurist:in kann sich zunächst als (Einzel-)Anwält:in selbstständig machen oder eine Anstellung in einer Boutique oder mittelständischen Kanzlei finden. Zum Teil gibt es sogar auf das Medizinrecht spezialisierte Kanzleien. Anwaltliche Karrieremöglichkeiten bestehen hier bundesweit; eine Hochburg besteht für das Medizinrecht grundsätzlich nicht. Dies gilt auch für die Tätigkeit bei einer Ärztekammer beziehungsweise bei der Bundesärztekammer. Hierbei handelt es sich um Körperschaften des öffentlichen Rechts, die maßgeblich die beruflichen Belange ihrer Ärzt:innen vertreten.

Welche besonderen Kenntnisse sollte ich mitbringen?

Das Medizinrecht spielt in der universitären Ausbildung in aller Regel gar keine Rolle, da es sich grundsätzlich nicht um Pflichtstoff handelt. Ähnlich verhält es sich beim juristischen Vorbereitungsdienst, zumindest wenn Anwaltsstation und Wahlstation nicht bei einer medizinrechtlich versierten Kanzlei absolviert wurden. Deshalb ist es notwendig, sich die entsprechenden Kenntnisse im Medizinrecht, also nicht nur im entsprechenden Zivilrecht, sondern auch im einschlägigen Strafrecht und Sozialrecht, selbst anzueignen, etwa durch einen entsprechenden Schwerpunkt an der Universität oder entsprechenden (freiwilligen) Lehrgängen während des juristischen Vorbereitungsdienstes.

Darüber hinaus sind vertiefte Kenntnisse des medizinischen Fachvokabulars unverzichtbar. Daneben bedarf es zumindest einer Bereitschaft, sich mit medizinischen Fragestellungen zu beschäftigen. Ein:e im Medizinrecht tätige:r Jurist:in sollte zumindest in der Lage sein, Behandlungsunterlagen auszuwerten und Sachverständigengutachten nachzuvollziehen. Tiefgreifendere medizinische Kenntnisse werden in aller Regel jedoch nicht verlangt.

Promotion und / oder LL.M. (insbesondere der Master of Laws im Medical Law) sind ebenso sehr gerne gesehen.

Kann ich im Rechtsgebiet Medizinrecht Fachanwalt werden?

§ 14b der Fachanwaltsordnung [FAO] nennt die Voraussetzungen für den Erwerb der Fachanwaltsbezeichnung „Fachanwältin bzw. -anwalt für Medizinrecht“. Danach werden besondere Kenntnisse in den folgenden Bereichen verlangt:

  • Recht der medizinischen Behandlung (dabei insbesondere die zivilrechtliche und strafrechtliche Haftung);
  • Recht der privaten und gesetzlichen Krankenversicherung (dabei insbesondere das Vertragsarzt- und Vertragszahnarztrecht, sowie Grundzüge der Pflegeversicherung);
  • Ärztliches Berufsrecht und in Grundzügen das der sonstigen Heilberufe;
  • Vertrags- und Gesellschaftsrecht der Heilberufe, einschließlich Vertragsgestaltung;
  • Vergütungsrecht der Heilberufe;
  • Krankenhausrecht einschließlich Bedarfsplanung, Finanzierung und Chefarztvertragsrecht;
  • Grundzüge des Arzneimittel- und Medizinprodukterechts sowie des Apothekenrechts.

Darüber hinaus sind Kenntnisse über die Besonderheiten der Verfahrens- und Prozessführung erforderlich.